Meersalz – me(h)r als Salz / Ralf Bos im Interview zum Thema Meersalz

Meersalz – me(h)r als Salz 

In unserem Interview fragen wir die Spezialisten der Branche. Heute : Ralf Bos Inhaber von BOS FOOD (Lieferant und Spezialist für außergewöhnliche und hochwertige Lebensmittel)

 

Ralf, wie bist du zu deinem jetzigen Beruf gekommen?

Ralf Bos: Als gelernter Koch mit 10-jähriger Berufserfahrung in der Gastronomie konnte ich genügend Einblicke und Wünsche seitens der Kunden sammeln. Nach dem Austritt aus der Gastronomie und den Eintritt in den Handel waren diese Einblicke so wertvoll, dass sie zum Grundstein einer außergewöhnlichen Firma wurden. Hinzu kam meine, mir angeborene Neugierde, die meinen Wunsch Produktfachmann zu sein, extrem unterstützte.

 

Ralf,  wie lange arbeitest du beruflich schon mit Lebensmitteln und Delikatessen?

Ralf Bos: Von 1975-1985 in der Gastronomie und von 1989 -2008 als Inhaber von BOS FOOD, somit fast 30 Jahre.

 

Wir würden gerne etwas mehr über das Thema Meersalz erfahren.

Gibt es gravierende Unterschiede in der Herstellung /Gewinnung dieser Salzart?

Ralf Bos: Meersalz unterscheidet sich in die beiden Gruppen: Natursalz und Industriesalz. Letzteres wird auch als raffiniertes Salz bezeichnet. Natursalz wird meist auf traditionelle Art und Weise geerntet und ist eine wunderbare kulinarische und gesundheitliche Ergänzung des Speiseplans. Industriesalz hingegen ist eine hochreine Chemikalie (99,99% reines NaCl). Sie schmeckt bitter und ist kulinarisch wertlos. Leider ist Industriesalz sehr viel billiger als Natursalz, deshalb ist im Lebensmitteleinzelhandel fast nur Industriesalz zu finden.

Was unterscheidet das australischen Salz, wie beispielsweise das „Murray River Flake Salt“ von dem uns so bekannten „Fleur de Sel?“

Ralf Bos: Wie der Name schon sagt, wird das Murray River Salz aus Süßwasser gewonnen, denn es gibt keine Salzwasserflüsse in dem Sinne. Der Murray River ist jedoch sehr mineralhaltig und fließt durch sehr salzhaltige Gegenden. Das mitgeführte Salz setzt sich im Flussdelta ab und versalzt die Landschaft dort. Um dem entgegenzuwirken, gräbt die australische Regierung im so genannten Murray River Projekt, 20 – 40 Meter tiefe Löcher entlang des Flusslaufes und entnimmt diesem das sehr salzige Grundwasser. Dieses wird wiederum entsalzt und das salzfreie Wasser wird anschließend dem Fluss wieder zugefügt. Das so gewonnene Salz wir zum größten Teil für industrielle Zwecke genutzt. Nur ein ganz kleiner Teil wird nach kompliziertem Filterverfahren in kleine Salzbecken geleitet und dort in mühevoller Handarbeit in kleine, zarte und leicht crunchige Salzflakes verwandelt. Das Salz hat aufgrund der sehr ausgewogenen Mineraldichte eine attraktive Lachsfarbe- es fehlt jedoch komplett der Meeresgeschmack. Das ist bei einigen Rezepturen sogar ganz wünschenswert und hat dieses Salz in seinem Heimatland zum Lieblingssalz der Barbequer gemacht. Es passt ausgezeichnet zu gegrilltem Fleisch und gegrilltem Gemüse und der „Crunch“ ist wirklich sexy.

Das Fleur de Sel ist eine, in kleinen Salzbecken mit langen Netzstangen abgefischte, schwimmende, hauchdünne Salzschicht, die von zerbrechlicher Konsistenz und absolut komplettem Geschmack ist. Es gibt kein Salz, das mehr bietet als dieses blutjunge und absolut unbehandelte Meersalz.

 

Welches Salz nutzt du wenn du kochst und warum?

Ralf Bos: Drei Salze sind bei mir im täglichen Einsatz:

  1. Fleur de Sel. Ich nutze es zum würzen bei Tisch und zum finishen der Speisen in der Küche.
  2. Sal Tradicional. Das Sal Tradicional wird ebenfalls per Hand vom Grund kleiner Salzbecken geerntet. Es schmeckt genau wie Fleur de Sel, ist jedoch nicht genauso zart, sondern eine Spur fester. Wenn man drauf beißt knackt es, das mag ich nicht. Es kostet jedoch nur 20% des Fleur de Sel Preises. Deshalb nutze ich es zum würzen von Suppen und Saucen, für Dressings und Pasteten und allen anderen „feuchten“ Speisen, worin sich das Salz schnell auflöst.
  3. Sal do Mar. Dies ist auch ein Natursalz, es wird jedoch nur ein- bis zwei Mal im Jahr maschinell geerntet. Die Salzkristalle sind sehr hart und lösen sich auch nur sehr langsam auf. Ideal ist dieses Salz für Salzkrusten und für Nudel-, Kartoffel- oder Gemüsekochwasser. Dieses Salz kostet nur 5% des Fleur de Sel Preises.

Darüber hinaus benutze ich verschiedene Spezialsalze für verschiedene Rezepte. Ich liebe es, beispielsweise ein und dasselbe Rezept mit verschiedenen Salzen auszuprobieren und bleibe dann bei dem Salz, welches am besten harmoniert.

 

Was ist deiner Meinung nach das kostbarste Meersalz?

Ralf Bos: Nach allem was ich weiß, wird auf der Hawaiiinsel Molokai, das kostbarste Meersalz erzeugt. Dieses Salz wird aus umkehrosmotisch gefiltertem Meerwasser unter Sonnensegeln kristallisiert und hat einen Mineralgehalt von 16% neben den 84% Natriumchlorid. Normales Meersalz hat hingegen nur einen Mineralgehalt von 4-6%. Dieses Hawaiianische Meersalz ist unter dem Namen „Soul of the Sea“ im Handel und ist wohl auch das teuerste Meersalz. Der Kilopreis liegt bei ca. 100€, wohingegen der Preis von Fleur de Sel bei ca. 20€, der von Sal Tradicional bei ca. 4€ und der von Sal do Mar bei ca. 1€ pro kg liegt.

 

Wie viele Sorten Meersalz gibt es eigentlich weltweit?

Ralf Bos: Es gibt jetzt schon Dutzende und es kommen dauernd neue hinzu. Für mich eine spannende Geschichte, da die neuen Salze oft aufregend und anders sind als alle die, die man kennt. Im Großen und Ganzen unterscheiden sich die Meersalze in feste Konsistenzen zum Kochen, wie das Sal do Mar, das Sal Tradicional, aber auch das Sel Gris aus der Guérande oder das Sel du Midi aus dem Mittelmeer. Des Weiteren in zarte Salze zum würzen bei Tisch, wie das Fleur de Sel oder den Salzflakes des Murray River. Aber auch die zarten Salzpyramiden aus England, Kreta oder Mallorca sind eine hochinteressante und bemerkenswerte Gruppe. Sie sind sowohl zum Kochen als auch als Tischsalz geeignet.

Hinzu kommen hunderte von Meersalzmischungen wie zum Beispiel das Hibiskus- oder das Chilisalz, das Citrus- und das Schokoladensalz. Die Liste ist unendlich lang und jeden Tag kommen neue hinzu. Zu guter letzt kommen wir zu den geräucherten Salzen. Sie sind eine extrem willkommene Bereicherung der Küche, denn das räuchern per Stellvertreter findet so auf natürliche Weise statt. Das ist 100 Mal besser als das üblich verwendete chemische Raucharoma.

 

Ralf, was ist dein Lieblingsrezept mit Meersalz?

Ralf Bos: Eine Prise Fleur de Sel auf eine Scheibe zartrosa gebratenes Filet ist für mich als professionellen Esser immer noch eine Erleuchtung. Genau so verhält es sich mit dem Schnitzel von der Gänsestopfleber und dem Spiegelei mit Rahmspinat (zur Not auch mit weißem Trüffel). Eine Prise Fleur del Sel steigert den Genuss um das Doppelte.

 

Ist der Hype um diese Produkt in deinen Fachmännischen Augen berechtigt, oder sind es hier eher die Marketing Strategen die dieses Feuer schüren?

Ralf Bos: Der Hype ist absolut berechtigt. Ich halte Natursalz für den stärksten legalen Tuner der gehobenen Küche. Zudem finden überhaupt keine Marketingstrategien für die wirklich guten Salze statt, oder hast Du schon mal Werbung für Fleur de Sel oder einem andern Natursalz gesehen? Marketing machen nur die Trittbrettfahrer der Industrie. Sie versuchen auf der Welle mitzuschwimmen, mischen ihr wertloses Industriesalz mit allerlei Zeug und werben mit großem Budget in den Frauen- und Kochzeitschriften. Das ist jedoch eher kontraproduktiv, da diese Salze auch durch Werbung nicht besser werden, die Käufer meist enttäuscht sind und ihr Salzexperiment dadurch eventuell frühzeitig beenden.

Das Natursalz verbreitet sich über seine Qualität und dem Urteil der scharfen Zungen der Sterneköche, die als „Opinion Leader“ der Branche gelten.

 

Welches Meersalz ist das zurzeit beliebteste in deiner Firma?

Ralf Bos: An erster Stelle seit eh und je steht das Fleur de Sel. Das Beste kommt aus Portugal und wird auch bei uns wesentlich häufiger verlangt als die Sorten aus Frankreich, die wir aber natürlich auch im Programm haben. Auf Platz zwei hat sich das Pyramidensalz der Firma Maldon aus England etabliert, welches das Himalaja Kristallsalz von Platz zwei auf Platz drei verdrängt hat. Jetzt könntest Du zwar sagen Kristallsalz ist kein Meersalz sondern ein Steinsalz. Das ist zwar richtig, jedoch ist jedes Steinsalz irgendwann mal Meersalz gewesen- daher finde ich diese Unterteilung eher nebensächlich. Für viel wichtiger und sinnvoller halte ich es, zwischen Natursalz und Industriesalz zu unterscheiden und das Himalaja Kristallsalz ist ein gutes Natursalz.

 

Ist Meersalz unbegrenzt haltbar?

Ralf Bos: Salz ist an sich unbegrenzt haltbar, wie man am 300 Millionen Jahre alten Steinsalz sieht. Vielmehr macht Salz sogar alles Andere ebenfalls haltbar, denn Salz ist ein Konservierungsmittel der aller ersten Güte. Nur bei einigen Salzmischungen, wie zum Beispiel beim Citrussalz geht nach einigen Monaten das Citrusaroma verloren.

 

 

Was empfiehlst du Köchen, im Umgang mit diesem Produkt?

Ralf Bos: Im Magazin sollten zwei große Eimer für Natursalz stehen. Einer für Sal Tradicional auf dem mit dickem Fettstift „Für Suppen und Saucen“ geschrieben stehen soll und einen für Sal do Mar auf dem „Für Kochwasser und Salzkrusten“ stehen soll. Einen dritten, kleineren Eimer sollte der Küchenchef am Pass platzieren und ihn mit Fleur de Sel füllen. Dieses Salz ist dann ausschließlich für das finishen der Speisen am Pass und für den Service am Gast bestimmt. Durch den Platz am Pass kann der Küchenchef auch ein Auge drauf halten, dass der Jungkoch nicht dass teure Fleur de Sel ins Nudelwasser kippt. In der Küche und auf den Tischen sollte ein striktes Industiesalzverbot gelten. Für den Service empfiehlt es sich neben der Pfeffermühle ein Schälchen mit Fleur de Sel zu servieren.

 

 

Kennst du ein Salzmenü, wenn ja kannst du es uns nennen?

Ralf Bos: Ein Salzmenü als solches ist eher langweilig. Spannender ist es, zu einem Menü verschiedene Salze mit jedem Gang zu servieren. Drei Salze zur Vorspeise, drei weiter Salze zum Fisch, drei weitere zum Fleisch etc.. Abgesehen davon bin ich immer noch ein großer Fan vom Loup de Mer in der Salzkruste. Eines der besten Fischrezepte aller Zeiten und jedes Mal aufs Neue ein überraschendes Erlebnis.

 

Welchen Spezialisten empfiehlst du uns für das nächste online Interview.

Ralf Bos: Ingo Holland, Altes Gewürzamt

 

Danke für deine kostbare Zeit, Ralf.

BOS FOOD GmbH
Grünstraße 24c
40667 Meerbusch
Telefon: +49-2132-139-0
Telefax: +49-2132-139-100
E-Mail: Service@bosfood.de

 

 

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