Ich bin etwas ratlos, für wen dieses Buch geschrieben wurde. Wer sich nur wenig für Jamie Oliver und seine Arbeit interessiert, wird sich auch für die Biografie nicht interessieren und für die deutschen Fans von Jamie Oliver dürfte die „exklusive Biographie“ eher kein Knaller sein: über die allgemein bekannten Fakten zu Leben und Werk hinaus, bietet das Buch kaum Mehrwert.
Die im Untertitel ausgelobte Exklusivität will sich mir nicht erschließen, neben Zitaten aus alten Interviews und Sendungen, ist es insbesondere der stetig wiederkehrende Quellenverweise auf die, von der Autorin Rose Winterbottom viel bemühte, britische Biographie Arise Sir Jamie Oliver von Stafford Hildred und Tim Ewbank, der bereits im ersten Viertel des Buches erahnen lässt, dass man ganz eventuell lieber gleich diese Buch hätte kaufen sollen. Exklusive Fotos, neue O-Töne von Jamie Oliver – Fehlanzeige.
Besonders ärgerlich wird es im letzten Drittel des Buches, das dann überwiegend nur noch aus kurzen Abrissen und Inhaltsangaben zu Jamie Olivers Reisen, Sendungen und Büchern besteht. Da hilft es auch nicht, dass sich Autorin Rose Winterbootom (leider erst) im Nachwort des Buches erklärt: „Jamie selbst möchte keine Biographie schreiben. Er möchte, dass seine Projekte glänzen, weniger seine Person. Ich habe versucht, dem Respekt zu zollen, indem ich Ihnen diese Projekte so nahe gebracht habe, wie es mir möglich ist.“ Es gab wohl in den letzten zehn Jahren kaum ein Vorbeikommen an der medialen Verbreitung, Wirkung und Rezension von Jamie Olivers zahlreichen Projekten, ich hatte dementsprechend Hintergründigeres erwartet.
Ich bin Fan von Jamie Oliver, seit der Kerl erstmals das berühmte Treppengeländer aus der ersten Staffel runter rutschte, um den Menschen die Freude am Kochen neu zu vermitteln. Kaum ein Koch hat im letzten Jahrzehnt mehr für das gestiegene Ansehen des Kochberufes geleistet, als Jamie Oliver (und ein bis zwei der Deutschen Fernsehköche, die ihm folgen sollten). Jamie Oliver hat sich darüber hinaus immer sozial engagiert, kulinarische Basisarbeit geleistet, Stellung bezogen, Dinge geändert die unveränderlich schienen. Dabei kämpfte Jamie Oliver nicht nur mit seiner Legasthenie und diagnostiziertem ADHS, sondern auch mit Fernsehsendern, Medien, Behörden und Staatsmännern. Er setzt sich bis heute, nimmermüde und nachhaltig, für schwer vermittelbare Jugendliche eine und das Recht auf gutes, gesundes Essen für alle.
Das ist auch alles drin im Buch, ich hätte mir aber einen sorgfältigeren Umgang mit Jamie Olivers bisherigem Wirken gewünscht: eine Biographie, die schon in der Aufmachung an die Sorgfalt und reiche Brillanz seiner Kochbücher heranreicht, eine Biographie, die über die Aneinanderreihung längst bekannter Fakten hinaus, einen erweiterten, persönlicheren und tatsächlich exklusiven Blick auf den engagierten Koch, Geschäftsmann, Politiker und Familienvater bietet. Seine Bücher und TV Serien stehen ja schon in meinem Schrank.
Quelle: http://nutriculinary.com